Donnerstag, 3. Dezember 2020 (Bei Suche nach "josefsheim" )
Ein weiterer Fund im Netz zum Thema Heimkinder in Lippstadt. Es lässt einen nicht mehr los, wenn man einmal angefangen hat, die Berichte zu lesen. Und außer ein paar folgenlosen Zeitungsberichten vor 10 Jahren hat in der Lippstädter Öffentlichkeit nichts stattgefunden. Wie schon früher beschrieben: Das berüchtigte Josefsheim wurde 1971 abgerissen, heute befindet sich dort der Besucherparkplatz des Dreifaltigkeitshospitals. Nichts ist übrig vom vielfachen Leid der gequälten Heimkinder. Keine Plakette, kein Gedenkstein, keine Anerkennung, keine Entschuldigung. Viele sind mittlerweile verstorben, der Alterungsprozess kennt wie bei den Opfern der NS-Zeit keine Gnade. Wenn wir uns nicht erinnern, wenn wir uns den Themen nicht stellen, wenn wir nicht bewusst daran arbeiten, den Opfern zumindest symbolisch Respekt zu erweisen, die Täter*innen zu benennen sowie das System, das diese Ungeheuerlichkeiten ermöglicht, oder besser: hervorgebracht hat, zu analysieren und zu verändern, ist das Leid dieser Kinder und späteren Erwachsenen einsam und sinnlos gewesen.
Der folgende Bericht ist bundesweit einer von viel zu vielen. Und einer von mehreren, die explizit das Josefsheim in Lippstadt betreffen. Darunter Links zu drei nichtsahnenden zeitgenössischen Berichten aus dem Lippstädter Heimatblatt, einer von 1930 und zwei von 1951/52: Ein Vorzeige-Waisenhaus.
"Dr. Antje Vollmer
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Sehr geehrte Frau Dr. Antje Vollmer,
sehr geehrte Teilnehmer an dem „Runden Tisch“ für die Aufarbeitung ehemaliger Heimkinder.
Meine Stellungnahme zur Heimerziehung in den 50iger und in den 60iger Jahren und über meine 5 Geschwister.
Der Ordnung halber müsste es: in den 40iger, 50iger, 60iger und 70iger Jahre heißen.
So habe ich es alle Jahre erlebt: wie die „Erziehung“ in den Erziehungs-Heimen war.
Wir waren verzweifelte, weinende Kinder, abgeschoben und alleingelassen.
Betreut von den Vincentinerinnen hatten wir keine Chance, ein Leben ohne Angst und Prügel bei den kleinsten Anlässen zu verbringen. Wie z.B.: weinen, lachen, mit anderen Kindern sprechen, geschweige eine Freundin zu haben und so weiter. All dieses und vieles mehr, ist Ihnen heute ja bestens bekannt.
Als Kleinkinder von den Nonnen geschlagen und nach deren Methoden erzogen, wurden wir (ich) später als verschüchterte einsame Jugendliche, in immer schlimmere Erziehungs-Heime, als angehende Verwahrloste, wieder abgeschoben. Mit Psychopharmaka (mit bunten Bonbons) wurden wir ruhig gestellt. Bis letztendlich man als Versuchskaninchen in die abgeschlossene Psychiatrie landete. Als endgültig und unwiderruflich, als ein gebrochener erwachsener Mensch wir mittellos und hilflos und unaufgeklärt ins Leben entlassen wurden, waren wir oft zur Obdachlosigkeit verdammt.
Lesen Sie bitte genau diesen Kurzbericht über meinen bis heute verschollen Bruder Karl Hermann Wegerhoff, geb. am: 07.05.1946 geb.: in Werl. Diese Daten über meinen Bruder, kannte ich bis vor kurzem nicht! Der Leidensweg meines Bruders Karl-Hermann begann als er ca. 4 Jahre alt war, das Jahr 1950: Ab hier war sein Leben nicht mehr als normal anzusehen.
Nach meiner Erfahrung und Gesprächen mit einigen wenigen Betroffenen war dies kein Einzelfall.
Jeder Einzelfall ist einer zu viel!!!!
Meinen Bruder habe ich das letztemal im St. Josefskinderheim, in Lippstadt, Hospitalstr. 15 gesehen, als er von einer Nonne blutig mit dem Kopf mehrmals an die Wand geschlagen wurde, weil er auf der Topfreihe zu lange für sein großes Geschäft brauchte. Ich hatte mich vor Angst im Flur hinter einem Schrank versteckt, zu dieser Zeit wusste ich nicht, dass Karlchen mein Bruder ist. Er wurde Karlchen gerufen und war nicht anders in seiner Art als alle anderen Kinder. Er gehörte damals zu den Kindern in seiner Krabbelgruppe, die viel weinten. Weil sie viel weinten, wurden sie von den Nonnen Bastarde, Störenfriede, Aufsässige und Querulanten genannt und fürs weinen gab es sehr viel Prügel. Eine andere Möglichkeit gab es nicht für die Kleinen, sich so für ihr tägliches Leid bemerkbar zu machen. Noch mehr Prügel gab es fürs bettnässen, dazu gehörte auch mein Bruder Karlchen.
Damals wusste ich noch nicht, dass ich 5 Halbgeschwister, 3 Jungen und 3 Mädchen mit mir hatte. Fritz, Rosemarie, Helene, Karlchen, Bernhard. Obwohl wir miteinander und nebeneinander im St. Josefskinderheim leben mussten, wussten wir rein gar nichts voneinander, nicht mal, dass wir Geschwister waren. Es wurde uns von den Erzieherinnen bewusst verschwiegen.
Keiner von uns 6 Geschwistern, so wie viele andere Kinder, gehörten nicht zu den „Kindern Gottes“. So wie die Nonnen oft beteten: „Lasset die Kindlein zu mir kommen und derer ist das Himmelreich“. Ein- zwei Kinder aus der Gruppe gehörten zu den Lieblingen der Nonne.
Nein, wir waren Freiwild für die sogenannten Erzieher, Nonnen, die für uns Kinder doch Vorbilder und Mutterersatz sein sollten! Die sich an uns vergreifen konnten, nach deren Lust und Launen!
Wo aber waren die Aufsichten von „Oben“? Die gab es nie! Die Nonnen, die sich „Barmherzige Schwestern“ nannten, hatten in „Allem“ und bei „Jedem“ ein so hohes Ansehen! Wir Kinder und Jugendliche wurden von ihnen für Jahre „Mundtot“ gemacht.
Wir waren doch Kinder und keine Verbrecher! Wir wurden wie Sklaven gehalten und behandelt.
Was haben die damaligen Kirchen, Staat und die Fürsorge sich dabei gedacht, so mit uns zu verfahren?
Seit Monaten bin ich auf der Suche nach meinem Bruder Karl Hermann (Karlchen). Es ist für mich gewiss nicht einfach und mit vielen Tränen und Mühe verbunden. Nach jeder neuen Information über meinem Bruder, die ich durch die Behörden erhalten habe, wird mir die Odyssee seines Lebens immer bewusster und was da an Menschenrechtsverletzungen an ihm vorgenommen wurden.
Nachrichten bekomme ich quer aus der ganzen Bundesrepublik Deutschland von den Einwohnermeldeämtern. Unter diesen Angaben sind auch Psychiatrien und Pflege-Einrichtungen die er in den vielen Jahren zuvor, nach seinen schlimmsten Aufenthalten in gewisse „Heimen“, durchlaufen und durchleiden musste.
Noch habe ich nicht alle seine Unterkünfte lückenlos zusammen. Auch ist es sehr schwer nach so vielen Jahren lückenlos alles zusammen zu kriegen. In den Archiven der Einwohnermeldeämter liegen einige wenige Unterlagen, die noch in „Deutscher Schrift“ geschrieben und entziffert werden mussten.
Neue Informationen bekomme ich nicht alle kostenfrei. Je nachdem in welchem Bundesland ich anfrage, kostet es mich bis zu Euro 30,- wie zum Beispiel in Frankfurt am Main. Für diese und weitere Informationen muss ich z.Zt. deswegen passen.
Meine Kräfte verlassen mich oft, doch will ich volle Aufklärung wenigstens über die Aufenthalte meines Bruders.
Wir hatten ein einziges Mal einen kurzen Kontakt nach unserer Entlassung aus dem Kinderheim, in Lippstadt. Ich war inzwischen ca. 25 Jahre alt. Hier zu später.
Bitte helfen Sie meinem Bruder!!!!
Die AGJ ev. müsste meinen Bruder Karl Hermann kennen, aus der Stadt, Waldshut-Tiengen.
Jeder war nach seinen Aufenthalten aus den Heimen mit seinem Lebenskampf beschäftigt!
Dazu gehört auch meine älteste 7. Halbschwester Anni, die heute über 80 Jahre alt und seit Jahren blind ist. Auch sie war 1946 im Erziehungsheim, Vincenzheim in Dortmund, Oesterholzstr. 85.
Helene war ca.8 Jahre auch im St. Josefskinderheim in Lippstadt und 1958 war sie ebenfalls im Erziehungsheim, Vincenzheim in Dortmund, Oesterholzstr.85.
Ich, Roswitha, war 11 Jahre, auch im St. Josefskinderheim in Lippstadt und 1960 war ich ebenfalls im Erziehungsheim, Vincenzheim in Dortmund Oesterholzstr.85.
Rosemarie war ab 1946 für ca. 7 Jahre auch im St. Josefskinderheim in Lippstadt. (Sie ist vor 4 Jahren verstorben).
Fritz war ab 1946 für ca. 6 Jahre auch im St. Josefskinderheim in Lippstadt. Aus den Erzählungen meiner Schwester Anni weiß ich heute, als Fritz 21 Jahre alt war, wollte er in die große freie Welt hinaus wollte. Er landete in die DDR. Er ist ebenfalls verschollen!
Sorry, meine Damen und Herren am „Runden Tisch“, nervlich und gesundheitlich fühle ich mich nicht mehr in der Lage, nach meinem 2. Verschollenen Bruder Fritz zu suchen.
Bernhard der Jüngste war ab: 1950 für ca.10 Jahre auch im St. Josefskinderheim in Lippstadt.
Ich habe seit dieser Entlassung nie Kontakt mit meinem Bruder Bernhard gehabt. Er möchte es auch heute noch nicht, aber dennoch weiß ich wo er wohnt, auch dass es ihn gesundheitlich sehr schlecht geht. Er müsste dringend operiert werden, aber wegen seines Untergewichts, nicht operiert werden kann.
Hier komme ich noch einmal auf meinem Bruder Karl Hermann zurück. Wie bereits erwähnt, war ich ca.25 Jahre alt. Um über dieses Erlebnis zu schreiben möchte ich jedes einzelne Wort, was damals fiel, auch hier erwähnen.
Ich war noch 25 Jahre alt, als meine älteste Schwester Anni mich nach vielen Jahren wieder gefunden hat. Es gab zwar viel zu erzählen, aber nichts aus meiner Kindheit und Jugendzeit, denn ich hatte ganz andere Probleme nach meiner Scheidung.
Sie berichtete mir unter anderem auch, dass ich einen Halbbruder Namens: Karlchen habe. Dieser Name war mir aus dem Heim von Lippstadt sehr geläufig, aber mehr konnte ich mit diesem Namen, der zu einem Kind gehörte, nichts anfangen.
Anni erzählte mir weiter, dass Karlchen in Galkhausen in einer Landesheilanstalt in Langenfeld (Rhld) sei.
Sofort machte ich mich auf dem Weg dort hin, ich wollte ihn sehen. Denn Langenfeld lag quasi vor meiner Haustüre, auch heute noch. Auf dem riesengroßen ungepflegten Wald dieser Anstalt angekommen und nach einem ca. 15 minütigem Fußmarsch durch den Wald, waren weit und breit keine Menschen zu sehen. Dennoch hörte ich irgendwoher laute weinende, schreiende Männerstimmen, die sich fürchterlich aus der Ferne anhörten. Automatisch packte mich die Neugierde und ich ging schnell in diese Richtung weiter. Bereits aus der Ferne sah ich, 3 Männer in Sträflingskleidungen mit Ketten an den Füßen. Diese drei Männer waren hinter einem hohen Drahtzaun, wie in einem Käfig eingesperrt, wie geprügelte Hunde. Ihre Hände sich am Zaun eingekrallt hatten und hilflos brüllten. Nun stand ich direkt vor ihnen. Erst jetzt erkannte ich sein weinendes Gesicht, es war mein Bruder Karl Hermann aus dem Heim in Lippstadt. Ich schob meine Hand durch den Zaun und legte sie auf seiner Hand. Er weinte nicht mehr, er wurde plötzlich ganz ruhig. Er wollte sich mit mir unterhalten, es ging aber nicht. Kein klares Wort brachte er über seine Lippen, er war nur am Lallen.
Dieser Menschenunwürdige Anblick meines Bruders brach mir fast das Herz!!!
Meine Gedanken und Gefühle überschlugen sich.
Auch in Lippstadt hatte man ihn für sein weinen halb tot geschlagen.
Ich dachte nur, ich muss ihn hier rausholen.
Meine Gedanken kreisten immer weiter, immer schneller!
Nach wenigen Minuten kam auch schon einer, in weiß gekleideter, großer breitschultriger Pfleger brüllend auf mich zu gelaufen, der mir schon vom Anblick her große Furcht einflößte. Er verhöhnte, verspottete, lachte, machte sich über diese 3 hilflosen Gefangenen, erneut weinenden Männer lustig. Selbst über mich machte sich dieser Pfleger lustig und verhöhnte mich: Warum ich hier vor diesen Idioten stehe, stehst du auf Idioten? Die haben sowieso nichts mehr. Er könnte es mir auch besorgen! Davon können diese Idioten ein Liedchen singen!
Ich wich ihm nicht aus, ich hatte Angst, aber ich zeigte sie ihm nicht. Der Pfleger mich fragte, was ich hier zu suchen hätte. Es sei verboten, dieses Gelände zu betreten. Ich antwortete ihm, hier ist mein Bruder Karlchen. Warum ist er hier eingesperrt? Was macht ihr hier mit ihm, er kann nicht mehr sprechen.
Der Pfleger antwortete, diesen Idioten schicken wir in Kürze nach Bonn in eine Klinik! Da kriegt der Idiot was er braucht! Auch versuchte er mir zu erklären was am Kopf meines Bruders operiert werden soll. Viel verstanden habe ich von seiner Erklärung nicht, nur, dass sein böser Nerv auf den guten Nerv und umgekehrt verlegt werden soll. Plötzlich brüllte er mich an, jetzt mach dass du hier weg kommst, sonst geht’s dir genauso wie dem da! Lass dich hier nie mehr blicken. Das gilt auch für weitere Besucher.
Diese kurze Begegnung mit meinem Bruder belastet und beschäftigt mich noch heute.
So musste ich meinen Bruder in seinen Qualen, in seinem Leiden, in seinen Ängsten, ohne irgendeine Hoffnung auf Hilfe und ein besseres Leben zurücklassen.Sämtliche Versuche, auch von meiner ältesten Schwester Anni, unseren Bruder in Langenfeld zu besuchen, schlugen fehl.
Ein kurzes Nachwort:
Karlchen hatte mit seinen erst 17 Jahren bereits ein Odyssee Leben hinter sich. Und das in den übelsten Kinder-Jugend-Heimen in der Bundesrepublik Deutschland!
Hier einige Stationen seiner Odyssee:
1.) Mit 4 ? Jahren nach Lippstadt,
2.) Mit 7 Jahren nach Idstein, Kalmenhof,
3.) Mit 12 Jahren nach Essen, Franz Sales,
4.) Mit 12 ? Jahren nach Langenfeld, Galkhausen,
5.) Mit 17 Jahren nach Viersen, Süchteln! Hier verblieb er 6 Jahre.
6.) Mit 23 Jahren zurück nach Langenfeld, Galkhausen u.s.w.
Alleine bei diesen 6 Informationen, blieb mir fast der Atem stehen.
Zuerst zerschlagen weil er als Kind viel weinte, später weggeworfen auf die Straße.
Zur Zeit versuche ich, mit viel Zeit und Arbeit, von meinem Bruder ein Gesamtbild seines bisherigen Lebens zusammen zu stellen.
Ich habe für meine Geschwister alle Heimaufenthalte, Geburtsurkunden, alleine herbei geschafft. Ebenso im Beisein mit Anni und Helene über die zwei ausführliche Berichte geschrieben. Natürlich umfangreich auch über mich.
Meine weiteren Bemühungen Akten über uns 7 Geschwister von den Heimen zu bekommen schlugen fehl.
Es ist aber kaum anzunehmen, dass in diesen Akten auch nur ein Wort über Menschenrechtsverletzungen stehen dürfte. Deswegen ist die Weigerung der Heime über die Herausgabe der Akten nicht zu verstehen.
Nur die Einwohnermeldeämter waren mir bisher hilfreich. Zwar sind nicht alle schriftliche Auskünfte kostenlos, aber man erhält wenigstens wichtige Unterlagen über die Zeiten in den Heimen.
Ca. 1967 traf ich meine Schwester Helene das erste mal, durch die Hilfe von meiner ältesten Schwester Anni. Helene war damals ca. 27 Jahre alt. Ich war damals ca. 23 Jahre alt.
Meine Schwester Helene saß bereits auf gepackten Kisten und das Schiff wartete bereits um sie und ihr Kind und Mann in Kürze nach Australien zu bringen. Sie floh aus Angst vor Kirchen, Staat und der Fürsorge.
Auch sie hatte bis zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, dass sie mehrere Geschwister hatte. Hätte sie dieses viel früher erfahren, währe sie nie ausgewandert mit ihrer Familie.
Dann hätten wir „Uns“ wenigstens gehabt!
Dann hätten wir „Uns“ wenigstens gegenseitig trösten können!
Dann hätten wir „Uns“ wenigstens gegenseitig stärken können!
So war es nur eine kurze Freude!
Erst im Jahr 1989 sahen wir uns wieder als ich Helene in Australien besuchte. Jetzt konnten wir uns zum ersten Mal fest in die Arme nehmen. 2007 machte Helene mir einen Gegenbesuch. Jetzt erst fanden wir Gelegenheit über unsere schlimmen Erlebnisse in den Heimen gemeinsam zu reden, gemeinsam zu weinen, gemeinsam zu lachen und gemeinsam fröhlich zu sein. Für uns beide war die Urlaubszeit viel zu schnell vorbei. Aber die paar Wochen waren für uns sehr wichtig.
Aus dieser schönen Zeit heraus weiß ich, dass meine Schwester Helene bis zum heutigen Tag Deutsche Staatsbürgerin geblieben ist. Sie ist alle Jahre praktisch Ausländerin in Australien geblieben. Sie sagte mir, meine Wurzeln sind in Deutschland und meine Geschwister sind ebenfalls Deutsche!
Australien gab ihr zwar die Freiheit zurück. Ihr Trauma, ihre „kranke Seele“ konnte in den vielen Jahrzehnten kein Psychologe bis hin zu gewissen Einrichtungen ihr dabei helfen alles vergessen zu können.
Kein ehemaliges Heimkind kann so viele Greul-Taten und Qualen jemals vergessen!!!!!
Die Kölner Journalistin und Autorin untersucht die sog. "Kindererziehung" im Deutschland der 50er und 60er Jahre. In dieser Zeit war es üblich, die Kinder mit drakonischen Strafen, körperlicher und seelischer Folter zur Räson zu bringen. Müller-Münch dokumentiert zahlreiche Berichte Betroffener, dokumentiert Gespräche mit Psychologen, untersucht die historische Vorgeschichte der der "Schwarzen Pädagogik", thematisiert auch das Leiden der Heimkinder, u. a. den Lippstädter Fall Paul Brune. Sie schildert die omnipräsente familiäre und schulische Gewalt, sie versucht aber auch immer wieder, die Motive der damaligen Eltern, also der "Täter-Generation", zwischen Kriegstrauma und schwer zu bewältigendem Nachkriegsalltag zu verstehen.
Viele Eltern haben damals überhaupt nicht wahrgenommen, was sie ihren Kindern antaten. Denen fehlte die Empathiefähigkeit. Hinzu kam noch, dass das Sozialsystem sagte, Schlagen von Kindern ist normal, mach das mal. Genauso normal, wie es in Deutschland eine Zeit lang normal war, Juden zu verschleppen und umzubringen oder Sinti und Roma umzubringen. Das war so normalisiert in der Bevölkerung, dass das keine große Rolle gespielt hat. Ebenso wenig wie das Prügeln von Kindern.
Arne Hofmann, zitiert nach Müller-Münch, Die geprügelte Generation (S.93)